Vor ein paar Tagen erreichte uns eine Mail der Werkstatt Bahnhofsviertel, die uns über eine neue Initiative von Bewohnern des Bahnhofsviertels informierte. Ein Zusammenschluss von Anwohnern aus dem Viertel, der sich Mittwochsgruppe nennt, hat eine Petition mit dem Titel verfasst: „Nicht in unserem Namen“.
Darin beziehen die Unterzeichner Stellung zu einem sehr breit gefächerten Spektrum vieler unterschiedlicher Themen: Globale Themen wie z. B. Occupy/Finanzkrise, Law-And-Order Politik, Rechtsstaatlichkeit, freie Meinungsäußerung einerseits, aber auch gänzlich lokale Themen wie z. B. Immobilienmarkt in Frankfurt, Quadratmeterpreise neu sanierter Altbauten im Bahnhofsviertel, Gentrifizierung von Stadtteilen etc. andererseits.
Angesichts des breiten Themenspektrums der Petition erscheint es uns schwierig, sich mangels Expertise ob dieser Themenvielfalt zielführend einzubringen. Dennoch möchten wir uns zu der kleinen Themenschnittmenge Drogenproblematik im Bahnhofsviertel abschließend äußern.
Innerhalb des Themenkonglomerates nehmen die Verfasser unter anderem Bezug auf den Offenen Brief und äußern uns und der Stadt Frankfurt gegenüber sehr deutlich ihre Absage an und Befürchtung über eine mögliche „kopflose Law-And-Order Politik“. Als Beispiel wird die massive Abriegelung des ganzen Viertels durch die Polizei während der Blockupy-Demonstrationen im Mai bezüglich der globalen Finanzkrise genannt.
Wir nehmen diese Ängste ernst: die in der Petition dargelegte Sichtweise gegenüber einer „kopflosen Law-And-Order Politik“ deckt sich mit unserer Haltung und ist schon immer ein Eckpfeiler all unserer Gesprächsrunden – übrigens auch seitens der Stadt Frankfurt.
Wir stehen für einen inhaltlich fundierten Umgang mit der Drogenproblematik im Bahnhofsviertel – konstruktiv und informiert. In den Gesprächsrunden mit den zuständigen Dezernenten, der Drogennothilfe, dem Ossip-Team, dem Ordnungsamt, dem Straßenbauamt und der Stadtreinigung, bis hin zu den Vertretern der Stadt- und Landespolizei erleben wir bisher eine sachlich fokussierte Arbeitsatmosphäre, die jedem Treffen nachhallt.
Das Einbringen unterschiedlicher Ansichten zum Thema war und ist von uns jederzeit erwünscht und fand in der interessanten und gut recherchierten Artikelreihe der Frankfurter Neuen Presse schon im Frühjahr ein großes öffentliches Echo. Möglicherweise hätten die Informationen hier im Blog oder ein Gespräch mit uns schon im Vorfeld einige in der Petition geäußerte Sorgen und Ängste bezüglich einer unkontrollierten Sicherheitspolitik ausgeräumt. Eine Kontaktaufnahme zu uns seitens der Mittwochsgruppe fand bedauerlicherweise sowohl vor als auch nach Veröffentlichung der Petition nie statt.
Eine klare Absage erteilen wir der Petition deutlich in ihrer Haltung, harte Drogenkriminalität mit dem Hinweis auf „die bierselige Stimmung des ein oder anderen Junggesellenabschieds“ zu bagatellisieren: kriminelle Drogenmafia, Dealerei, Drogensucht, Beschaffungskriminalität, Hauseinbrüche, Prostitution, Obdachlosigkeit, und die Gefahr von übertragbaren Krankheiten für die Betroffenen in der Szene sind kein Junggesellenabschied.
Wir haben den Eindruck, die Drogenproblematik des Bahnhofsviertels wird hier möglicherweise nur als wohlig schauriges Lokalkolorit des Viertels verstanden. Eine deratige Romantisierung der Probleme sehen wir hier kritisch. Besonders gegenüber den Betroffenen, als auch denen, die sich beruflich mit viel Engagement Tag für Tag innerhalb des Themas einbringen. Einen solchen Umgang mit einem so vielschichtigen, diffizilen Thema wie der Drogenproblematik im Bahnhofsviertel halten wir für wenig ergebnisorientiert.
Unser Interesse ist es, weiterhin im Dialog mit den Verantwortlichen den Frankfurter Weg voranzubringen, um eine gemeinsame Perspektive für eine „Nachbarschaft, die viele unterschiedliche Lebensstile beherbergt“, zu finden.